Ralf Werchohlad
Ich vernachlässige ein wenig den Reisebericht, das wird augenblicklich!
Heute war auf der Strecke noch eine bemerkenswerte Brücke zu sehen, gewaltig von ihren Dimensionen, aber quasi in Rente.
Und jetzt guck ich mir La Rochelle an …
Das Kanalfahren endet heute, weil der Kanal in der Garonne aufgeht. Das bedeutet für meine Tour, dass ich vom Ufer weggeführt werde und die Landstraße benutze. Und nach ca. 20 km über Land, kurz hinter einem kleinen Dorf steht da mein spanischer Retter der Zeit am Rande der Straße. Gestern hatte ich nur Zeit für einen kurzen Dank, heute sprechen wir ausführlich über unsere Abenteuer. Ich habe noch drei Wochen vor mir, er will in drei Monaten noch bis nach Norwegen.
Bordeaux! Große Stadt. Für einen halben Tag zu groß, aber die Sonne lacht und für einen Rundkurs durch das alte Zentrum und für die Empfehlung meiner Gastgeberin, ein nahegelegenes alternatives Zentrum anzuschauen reicht’s.
Wenn es eine Klassifikation für Fahrradtouren an Kanälen geben sollte, so wäre der Canal Latéral à la Garonne auf einem der hinteren Plätze zu finden. Ich habe mit Mats mal eine ähnliche Tour am Dortmund-Ems-Kanal gemacht.
Kilometerlang ging es heute öde geradeaus zwischen Autobahn und Kanal aus Toulouse heraus, dann ein paar Grad Richtungswechsel und wieder grade bis zum Horizont. Das ganze bei einstelligen Temperaturen und unterbrochen von Regenschauern. Maximal zwei von zehn Punkten.
Der Canal du Midi hätte von mir locker neun von zehn bekommen.
Die letzten zwei Sätze von gestern gelten auch für den heutigen Tag: Canal du Midi mit ordentlich Rückenwind. Aber dann Toulouse, dolle Stadt. Während Carcassonne mit Mittelalter glänzt, ist es hier in historischer Kulisse modern und jung. Studenten bevölkern die Straßen, die Plätze und die Terrassen der Ufer von der Garonne.
Ab morgen gibt’s Kontrastprogramm: rausaus der Großstadt, ab in dieProvinz.
Der Canal du Midi („Kanal des Südens“) verbindet das Mittelmeer mit Toulouse.
Meine heutige Etappe über 100 km führte mich am Ufer dieses Kunstwerk des Gewässerbaus entlang. Wunderschön mit seinen Windungen und Schleusen und mit einem strammen Rückenwind war auch der durchwegs geschotterter Weg kein Problem.
Meze liegt am Etang de Thau. Das ist ein Lagune, früher mit dem Meer verbunden, heute weitgehend vom Meer getrennt. Dort werden Muscheln und andere Meeresfrüchte in großem Stil gezüchtet und angeboten. Drumherum wird dazu passend Wein angebaut und hergestellt. Wenn man von „Leben wie Gott in Frankreich“ spricht, dann kann man sich das genau so vorstellen: Eine schöne Fischplatte mit einer guten Flasche Wein.
Mein Ziel von heute ist Bezier. Das war früher unser Ziel, wenn es galt, für möglichst wenig Geld mit Ryanair nach Südfrankreich zu kommen. 35 Euro Hin- und Rückflug habe ich in Erinnerung. Für das Geld ist heute Fischplatte mit Wein nicht zu kriegen …